„Wer von Menschen wie von einer Seuche spricht, hat Europa verraten, indem er es zu schützen vorgibt."
Das deprimierende Ergebnis der EU-Wahlen ist ein Ausdruck des Versagens der demokratischen Parteien, die den Rechtsextremen die politische Hegemonie über das Thema Flucht und Migration überlassen haben. Sie laufen ihren Parolen hinterher, statt das Asyl- und Völkerrecht selbstbewusst zu verteidigen. Dass wir heute wieder über den Unsinn von Schikanen (wie z.B. „Bezahlkarten“) diskutieren und begründen müssen, warum Schutzbedürftige geschützt und Schiffbrüchige gerettet werden müssen, empört uns zutiefst.

Willkommen zu unserem Sommer-Newsletter, in dem wir wieder einige neue Projekte (u.a. unsere unabhängige Asylverfahrensberatung und das Projekt ‚Know your Rights‘) vorstellen und von erfreulichen und weniger erfreulichen Entwicklungen in unserer Arbeit berichten.
Unabhängige Asylverfahrensberatung
Zu Juni haben wir mit der unabhängigen Asylverfahrensberatung in der „Notunterkunft“ in den Messehallen Hannover begonnen. Dort werden wir unseren Teil dazu beitragen, die 900 in der dortigen Halle untergebrachten Geflüchteten über das Asylverfahren und ihre Rechte zu informieren. Grundlage ist § 12a AsylG, wonach der Bund eine behördenunabhängige Beratung zu garantieren hat. Die Menschen, die noch nicht auf die Kommunen verteilt werden, warten auf engstem Raum täglich darauf, Neues über den Stand ihrer Asylanträge oder ihren Transfer an einen anderen Ort zu erfahren. Der Beratungsbedarf ist folglich hoch – im Durchschnitt suchen uns zehn Personen täglich auf. Eine derartige Beratung wird auch in Garbsen angestrebt. Deine Mitgliedschaft garantiert unsere unabhängige Beratungskompetenz!
Know Your Rights
Wir freuen uns, dass wir am 01.04.2024 das Projekt "Know your Rights!" starten konnten, das an das Projekt "Kenne deine Rechte" anknüpft. Ansprechpartnerinnen im Projekt sind unsere neuen Kolleginnen Dörte Lüers und Friederike Vorwergk. Die Kontaktdaten der Beiden findet Ihr hier.

Know your Rights! richtet sich an minderjährige Geflüchtete und junge Volljährige in Niedersachsen, Fachkräfte der Jugendhilfe, Vormünder:innen und Unterstützende. Wir bieten Informationen zu Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie zu Bleibeperspektiven in Deutschland. Durch Netzwerkarbeit, national und international, sowie politische Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit setzen wir uns für die Rechte und Belange von minderjährigen Geflüchteten und jungen Volljährigen ein. 

Zusätzlich bieten wir über unseren Mailverteiler juf-nds@asyl.org, in den Ihr euch gerne eintragen könnt, Informationen über Veranstaltungen, Fachpublikationen, gesetzliche Veränderungen und Arbeitshilfen zum Themenbereich junge Geflüchtete. Zum Eintragen bitte hier klicken.
What‘s you story – what‘s your dream?
„Von der deutschen Gesellschaft würde ich mir wünschen, mit der Arbeitserlaubnis nicht so streng zu sein.“
Menschen im Exil sind wichtige Mitglieder unserer Gesellschaft, die trotz widriger Umstände ihrer Flucht und vieler Hürden beim Ankommen in Deutschland den Mut nicht verloren haben und unser aller Achtung und Wertschätzung verdient haben. Zusammen mit Exil.e.V. haben wir deshalb die Plattform „What‘s you story – what‘s your dream?“ aufgesetzt, auf der wir Geschichten des „erfolgreichen“ Ankommens in Deutschland erzählen – wobei klar ist, dass „Erfolg“ für uns alle etwas anderes bedeuten kann.

Vorletzte Woche erschien dort das zweite Video, diesmal von Hassen aus Tschetschenien.
"WiB - Wege ins Bleiberecht" nun auch in der Region Hannover 
Im Rahmen unseres Projektes "Wege ins Bleiberecht" konnten wir die Region Hannover – nach dem Landkreis Göttingen - als zweite ländliche Kommune für eine Kooperation gewinnen. Dabei knüpfen wir an die erfolgreiche Kooperation mit den Städten Göttingen und Hannover an und verfolgen weiterhin gemeinsam das Ziel, Langzeitgeduldeten auch in den 21 Städten und Gemeinden der Region Hannover Perspektive und Sicherheit zu bieten.
Geflüchtete in Neu Tramm leisten Widerstand gegen mangelhafte Unterbringungsbedingungen
Kantinenessen, kein Internet, unzureichende Deckung des notwendigen Bedarfs. Mit einer Petition und andauerndem Protest wehren sich Geflüchtete seit Wochen gegen die schlechten Bedingungen im Anfang des Jahres eröffneten kommunalen Sammellager in Neu Tramm. Statt Geldleistungen erhalten die dort untergebrachten Personen Sachleistungen auch für Nahrungsmittel, was zwar laut AsylbLG zulässig ist, jedoch einen massiven Eingriff in das Grundrecht der Selbstbestimmung bedeutet.
       
Der Landkreis Lüchow-Dannenberg hatte außerdem allen Alleinreisenden die vom Bundesverfassunsgericht als verfassungswidrig eingestuften Leistungssätze nach Bedarfsstufe 2 ausgezahlt – bis Betroffene Widerspruch einlegten und somit die rechtswidrige Praxis des Landkreises aufdeckten. Der Flüchtlingsrat unterstützt die Forderungen der Petent*innen und hat diese gegenüber dem Landkreis Lüchow-Dannenberg bekräftigt.
Kirchenasyl – Engagement und Repression
Bienenbüttel am 12./13. Mai d.J.: Nach einer gewaltsamen Abschiebung aus einem Kirchenasyl heraus kam es in Niedersachsen zwar zu klärenden Gesprächen, bei denen Innenministerin Behrens versicherte: „Die Landesregierung respektiert das Kirchenasyl und wird vor diesem Hintergrund keine weiteren Überstellungen oder Abschiebungen aus dem Kirchenasyl vornehmen.“ Aber die Verängstigung Schutzsuchender und die Verunsicherung der in Sachen Kirchenasyl engagierten Kirchengemeinden ist groß. Um so wichtiger erscheint es uns, jene Kräfte zu unterstützen, die den Mut zum Kirchenasyl aufbringen und ihrem Gewissen folgen. Wir vom Flüchtlingsrat begleiten und unterstützt diese Initiativen.
Abschiebungen in den Irak
Unerhört blieb leider unser Protest im April, als der Abschiebungsstopp in den Irak auch in Niedersachsen beendet wurde.  Seit dem 04.06.2024 gibt es nun nur noch einen partiellen  Abschiebungsstopp êzîdische Frauen und minderjährige Kinder aus dem Irak. Auch Väter und Ehemänner sollen i.d.R. nicht abgeschoben werden. Von dem Abschiebungsstopp ausgenommen sind u.a. Personen, die straffällig geworden sind oder bei denen bereits eine Abschiebungsanordung bestanden hat. Dieser partielle Abschiebungsstopp ist vorerst bis zum 01.09.2024 beschränkt, eine Verlängerung wurde in Aussicht gestellt. Detailliertere Informationen für Geflüchtete aus dem Irak findet ihr hier
Nein zur diskriminierenden Bezahlkarte

Über 40 Organisationen und 200 Einzelpersonen haben bisher unseren Aufruf gegen eine diskriminierende Bezahlkarte in Niedersachsen unterzeichnet. Sei auch Du dabei, wenn wir die Landesregierung an ihre Koalitionsvereinbarung erinnern: „dass alle ankommenden Geflüchteten in Niedersachsen gleich behandelt werden und ihnen möglichst schnell ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht wird.“ Die von der Minister:innenkonfernez empfohlene Umsetzung der „Bezahlkarte“ sieht aber genau das Gegenteil vor: Verbot von Überweisungen und Beschränkung des Bargeldbezugs auf 50 Euro. Das Land Niedersachsen ist daran allerdings nicht gebunden und kann diese Form der Demütigung und Ausgrenzung von Schutzsuchenden ablehnen. Unterschreibt unseren Appell hier:

40 Jahre Flüchtlingsrat Niedersachsen

In diesem Sommer werden es 40 Jahre sein, in denen der Flüchtlingsrat Niedersachsen an der Seite Geflüchteter für deren Rechte eintritt. 40 Jahre, in denen wir immer wieder Zeug:innen rassistischer Mobilisierung, von Populismus getriebener Ausgrenzung und unsäglicher Gesetzesverschärfungen wurden. Aber auch 40 Jahre, in denen wir Handlungsspielräume erweitern, Perspektiven vermitteln und ein starkes Netz an Unterstützungsstrukturen aufbauen, ja, erfolgreiche Kampagnen mitgestalten und unzähligen Geflüchteten zu ihrem Recht verhelfen konnten. Auch Dank Eures Engagements!

Um das zu feiern laden wir Euch herzlichst ein zum Fest der Vielfalt am 18. August 2024 ab 12:30 auf das Faustgelände, Bettfedernfabrik Hannover. Im Rahmen dieses federführend von unserer Mitgliedsorganisation ‚Initiative Interkultureller Austausch‘ (IIK) organisierten Events setzen wir zusammen mit über 40 Organisationen Zeichen der Solidarität. Wir werden dabei sein und laden Euch alle ein, der Stadt Hannover von dort aus klare Bilder zu senden, endlich eine Schiffspatenschaft zu übernehmen

Wir sehen uns am 18.August 2024 – bis dahin!

Solidarische Grüße, euer Team Flüchtlingsrat
Du erhälst diese Mail weil Du dich in der Fluchtliste eingetragen hast.
Flüchtlingsrat Niedersachsen
Röpkestr. 12 | 30173 Hannover